17,3 Kilometer liegen hinter uns, Tamara Soliz, Jörg-Christian Schillmöller und Dirk Gebhardt . Ein Tag wie aus dem Bilderbuch. Ein Frühstück mit Dinkelbroten an der deutsch-niederländischen Grenze, im Hintergrund die Morgensonne. Bei uns ist Gerd Passen – er ist Vorsitzender der Heimatvereinigung Selfkant – ein wandelndes Lexikon, dieser Mann. Und eine ganz tiefe, sonore Stimme, in der 73 Jahre Leben zu hören sind.

Wir wandern gegen 9.45 Uhr los, die ersten Kilometer laufen sich wie von selbst, der Rucksack fühlt sich (noch) nicht schwer an, und zum Nachdenken kommen wir wegen der vielen Geschichten, die uns Gerd Passen erzählt, sowieso nicht.

Ein traumhaft schöner Wiesenweg, Kühe rechts und links, dann ein Abstecher in den Ortsteil Millen – wo der alte Sitz der Herren von Millen schon wieder Niederlande ist: dazwischen liegt der Rodebach, bis heute die Grenze. Wir erfahren viel über alte Schmugglertunnel und darüber, dass der Selfkant bis 1963 niederländisch war, „unter niederländischer Auftragsverwaltung“, so hieß es damals genau.

Gerd Passen lacht, als er sagt: „Wenn wir damals eine geheime Abstimmung gemacht hätten, dann hätten wir uns womöglich dafür entschieden, bei den Niederländern zu bleiben“. Denn die sorgten schnell für neue Infrastruktur, bauten Straßen – und das so professionell, dass die Menschen auf der anderen Seite der Grenze fast neidisch waren.

Nach Millen geht es durch Tüddern, hier liegt das Rathaus, und dann in einem gar nicht so kleinen Schlenker unter der „B56N“ durch, der Bundesstraße, die den Selfkant in zwei Teile trennt. Wir kommen nach Höngen, der Heimat von Gerd Passen – und im Restaurant „Salz und Pfeffer“, eigentlich ein türkisches Restaurant, bestellen wir Currywurst und Fritten Mayo, „die sind sowieso aus den Niederlanden“, kommentiert Gerd Passen. Es schmeckt herrlich.

Danach sind es noch knappe 10 Kilometer bis nach Birgden. Und die ziehen sich. Gerd Passen sagt Tschüss, und wir sind auf uns selbst gestellt. Das Wasser geht aus, wir klingeln irgendwo, und eine freundliche Niederländerin macht uns extra frischen Sprudel. Meinen Liter gluckere ich in den nächsten 20 Minuten weg.

Dörfchen für Dörfchen, die Harzelt heißen zum Beispiel, bis wir dann ziemlich am Ende endlich Birgden erreichen. Übermannshoch das Maisfeld, am Himmel ein AWACS-Flieger vom nahen Stützpunkt in Geilenkirchen, in der Luft ein dezenter Landduft aus der Biogasanlage etwas weiter die Straße hinuter.

Es gibt Kuchen, Kaffee und viele Menschen auf dem „Mehrgenerationenspielplatz“, dessen Geschichte uns der Vorsitzende Jürgen „Huggy“ Hagen und seine Frau Heidi engagiert erzählen, bis hin zu den Details der EU-Fördergelder.

Wir bauen ermüdet die Zelte auf und freuen uns auf das Lagerfeuer. Der erste Tag. Noch 733 Kilometer bis nach Görlitz, Neißeaue.