Donnerstag, 25. September 2014

Manderscheid, Eifel, Vorbereitungsphase. Ich habe zum ersten Mal im neuen Schlafsack geschlafen. Allerdings im Hotel. Ich habe die ersten Garnituren der teuren Funktionswäsche durchgeschwitzt, im Steilhang neben der Wolfsschlucht.

Und ich habe mit André Mobers telefoniert, eine Stunde lang. Ein sehr gutes Gespräch. André Mobers arbeitet in der westlichsten Gemeinde Deutschlands. Sie heißt Selfkant, „der Selfkant“ genaugenommen – mit stimmhaftem s wie in Seele und super. Isenbruch, der westlichste Punkt, ist einer der Ortsteile.

André Mobers wird am 3. Oktober nicht da sein: Eine Delegation aus der Gemeinde ist traditionell zu Gast auf der zentralen Feier zum Tag der deutschen Einheit. Denn Selfkant gehört zum „Zipfelbund“, der wirklich so heißt und Selfkant im Westen, List auf Sylt im Norden, Görlitz im Osten und Oberstdort im Süden vereinigt. Eine Erfindung aus Selfkant übrigens.

André Mobers erzählt noch andere Dinge, während ich im Sonnenschein auf dem Hotelbalkon sitze und mittippe, das Handy auf laut gestellt und die beiden Manderscheider Burgen einen Steinwurf entfernt. Ich lerne, was Klompen-Bälle sind: Tanzfeste mit Holzschuhen (den Klompen). Und André Mobers erzählt, dass der Selfkant von oben aussieht wie ein Katzenkopf plus Pfote und nur über sechs Kilometer mit Deutschland verbunden ist. Dafür hat er 27 Kilometer Grenze zu den Niederlanden.

Und das ist auch eines der Merkmale vom Selfkant, das nicht allen passt: Hier leben 10.400 Menschen, und ein Drittel davon sind Niederländer. „Viele von ihnen wohnen hier, aber sie leben hier nicht“, sagt André Mobers. ‚Hier leben‘: das heißt zum Beispiel, am Dorfalltag teilzunehmen, zur Kirmes zu gehen, zum Klompenball – oder in eine der Schützenbruderschaften. Die Niederländer bleiben dagegen eher unter sich. Im Ortsteil Millen zum Beispiel: dort leben fast keine Deutschen.

Schön auch die Geschichte des Bürgermeisters: Im Jahr 2004, sagt André Mobers, hat die CDU Selfkant in der Turnhalle einen Mitgliederentscheid veranstaltet, um den Kandidaten für das Amt zu ermitteln. Herbert Corsten unterlag, doch das schreckte ihn nicht ab: Er trat trotzdem an, als unabhängiger Kandidat, also ohne die Unterstützung der CDU. Und er gewann. Deutlich. Er wurde 2009 sogar wiedergewählt, und hat längst wieder einen guten Draht zur CDU (die 14 von 28 Ratsmitgliedern stellt).

Auch ein Thema: die Pkw-Maut. Viele sorgen sich ob der Pläne von Bundesverkehrsminister Dobrindt. André Mobers sagt es deutlich: Wir haben da schon unsere Befürchtungen. Dass der kleine Grenzverkehr leiden könnte. Und dass die Niederlande und Belgien vielleicht nachziehen und die Selfkanter dann ihrerseits Vignetten für die Nachbarländer brauchen.

Ach ja: donnerstags, wenn das Rathaus von Selfkant bis spät in den Nachmittag geöffnet ist, holen sich Mitarbeiter mittags regelmäßig etwas zu essen. Heute gab es Fritten, frisch aus den Niederlanden.